Onlinevortrag von Steffen Klävers
In den vergangenen Jahren sind diverse wissenschaftliche Arbeiten erschienen, die die Holocaustforschung mit kolonialgeschichtlichen und postkolonialen Ansätzen verknüpfen. Sie argumentieren, dass die Wissenschaft sich bisher zu wenig mit der Frage beschäftigt habe, inwiefern die Geschichte des Kolonialismus auch für die Historiographie und Erinnerungskultur von Nationalsozialismus und Shoa von Bedeutung ist.
Eine zentrale Herangehensweise dieser Ansätze ist die, dass die These einer „Singularität“ des Holocaust problematisiert und vereinzelt abgelehnt wird. Vielmehr wird von historischen und ideologischen Kontinuitäten zwischen Kolonialismus und Nationalsozialismus verschiedener Art ausgegangen, deren Nichtbeachtung einem wissenschaftlichen Eurozentrismus gleichkomme.
Die Fragen, die in diesen Ansätzen aufgeworfen werden, sind nicht zuletzt gesellschaftspolitisch relevant – und zu einem großen Teil sind es auch die, die den so genannten „Historikerstreit 2.0“ der vergangenen Monate bestimmten. Ihre Argumentation soll im Vortrag vorgestellt werden. Dabei soll auch aufgezeigt werden, welche Probleme mit einem solch (post-)kolonialgeschichtlichen Zugriff einhergehen und warum die Spezifik des Antisemitismus in diesen Ansätzen oftmals verkannt wird.
Steffen Klävers hat in seiner Dissertation „Decolonizing Auschwitz?: Komparativ-postkoloniale Ansätze in der Holocaustforschung“ (Berlin: de Gruyter 2019) eine Kritik an den gegenwärtigen Versuchen postkolonialer Deutung des Holocausts formuliert.